11. Tag
Montag, 14. Oktober 2002
Aufstieg zum Simba Camp

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Nach dem Frühstück kontrolliere ich meine Seesäcke zum letzten Mal. Einer wird direkt nach Tansania gebracht werden, der andere ist für die Träger bestimmt und darf nicht mehr als 10 kg wiegen. Zwei Frauen überprüfen noch am Gästehaus das Gewicht des Gepäcks mit einer Federwaage. Auspacken muss keiner was, andererseits wiegt aber auch kaum ein Seesack nennenswert unter 10 kg.

Um 8.45 Uhr brechen wir nach Rongai auf, das unmittelbar hinter der Grenze in Tansania liegt. Die Straße ist unbefestigt, schmal und kurvig und oft zentimeterhoch mit staubfeiner Erde bedeckt. Stellenweise ist diese an eine Schmugglerroute erinnernde Nebenstrecke so steil, dass die Wagen bei Nässe wohl kaum eine Chance hätten, die Steigung zu bewältigen. Rongai ist ein unscheinbarer Grenzort, in dem der Hund begraben ist. Den Grenzposten findet man nur, wenn man weiß, in welcher Hütte er sich verbirgt. Etwa eine halbe Stunde benötigt der Grenzer, um die Pässe durchzusehen und abzustempeln, wir können derweil bei den Wagen bleiben.

Nur wenige Autominuten weiter erreichen wir den Ausgangspunkt für unsere Kibo-Besteigung. Wieder bildet eine unscheinbare Bretterbude den Außenposten einer bürokratischen Organisation, in diesem Fall der Nationalparkverwaltung. Hier muss jeder seine persönlichen Angaben in eine Liste eintragen, Angaben, zu denen natürlich einmal mehr die Reisepassnummer gehört. Für eine weitere Afrika-Reise sollte man sich die zehn Ziffern auf den Unterarm tätowieren lassen!

Unsere Begleitmannschaft besteht aus über 30 Leuten, deren Ältester mit 67 Jahren unser Führer William ist. Nachdem am Mount Kenia der weitaus jüngere Alex meine diffusen Vorstellungen von einem afrikanischen Bergführer geformt hatte, habe ich jetzt einige Schwierigkeiten, in dem hageren, alten William, der sich liebend gerne fotografieren lässt, den Mann zu sehen, der uns zum Uhuru-Peak führen soll. Aber ich habe ja mehrere Tage Zeit, mich an diese Vorstellung zu gewöhnen. William wird bei seiner Aufgabe von drei Assistant-Guides unterstützt, die alle einen symphatischen Eindruck machen.

Mit dem Ruf "Follow William" gibt Helmut um 10.20 Uhr das Signal zum Aufbruch. Das erste Stück des Weges führt an Feldern vorbei, an deren Rändern verstreut unglaublich armselige Behausungen stehen. Anscheinend ist man hier dabei, die Nordroute auf den Berg, die auch im Hauser-Prospekt nur als "Rongai-Route" bezeichnet wird, touristisch aufzuwerten. Es gibt Hinweisschilder und Wegweiser, die offensichtlich ziemlich neu sind und unseren Anstieg als "Nalemoru-Route" ausweisen. Während der ersten Stunde gibt es Staub ohne Ende, was sich erst beim Erreichen des nur sehr schmalen Waldgürtels bessert, der hier im Norden den Kilimandscharo umsäumt. Im Gegensatz zum Staub scheint Wasser allerdings Mangelware zu sein. Erst nach etwas mehr als drei Stunden überqueren wir ein bescheidenes Rinnsaal, dessen Bachbett von wasserreicheren (Jahres-)zeiten zeugt, die Helmut, wie er erzählt, hier auch schon erlebt hat.

Unmittelbar darauf erreichen wir um 13.30 Uhr das Simba-Camp (ca. 2.830 m), einen von niedrigen Büschen umstandenen Zeltplatz, der einen freien Blick auf Kibo und Mawenzi bietet. Nur als ganz schmaler, fast enttäuschend schmaler Saum am Kraterrand zeigt sich von hier aus die Vergletscherung des Gipfels, ansonsten ist der Berg völlig schneefrei. Das sonnige milde Wetter lädt zum Verweilen im Freien ein. Leider ist es keine gute Idee, unter der Äquatorsonne ein Nickerchen auf dem Boden zu machen, denn das hier ursprünglich vorhandene Gras ist weitgehend dem erdig-staubigen Untergrund gewichen, der uns schon auf dem Weg hierher begleitet hat.

Die Zeltreißverschlüsse machen bei unserem Zelt einigen Ärger. Sie sind hakelig, nur mit heftigem Gezerre zu betätigen und schließen unzuverlässig. Obwohl es sich um die gleichen Zeltmodelle wie auf der Mount Kenia - Etappe handelt, sind diese hier, und ganz besonders unseres, in einem schlechteren Zustand, was auch an den staubigen Einsatzorten liegen mag.

Irgendwann am Nachmittag kreuzt ein Bediensteter der Nationalparkverwaltung auf, der eine Liste aller Teilnehmer und natürlich - ihrer Reisepassnummern aufstellt. Die Aktion dauert nicht lange, denn niemand muss das Küchenzelt verlassen, um die begehrte Ziffernfolge nachzuschlagen. Bald schon kann der Mann, mit einigen Phantasiezahlen auf seiner Liste, das Lager wieder verlassen.

Die Teestunde können wir an einem Tisch im Freien verbringen. Eingedenk des Hinweises, keinesfalls weniger als vier Liter pro Tag zu trinken, kippe ich einen Becher Tee nach dem anderen mich hinein. Beim Abendessen werde ich dafür um so zurückhaltender sein, schließlich ist ein ungestörter Nachtschlaf ein kostbares Gut. Gegen 18.00 Uhr rücken wir in das Küchenzelt ein. Ich nehme dankbar zur Kenntnis, dass wir nicht am Boden sitzen müssen, sondern auf Klapphockern Platz finden, die die Mannschaft mitgeschleppt hat. Eine blendende Idee, die die Kenianer übernehmen sollten. Wir lassen uns Champignoncremesuppe und gebackenes Fischfilet mit Mangold schmecken

Zeitig suche ich meinen Schlafsack auf.

Rongai Am 1. Zeltplatz  
 
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