Der Tag beginnt mit einem
strahlend schönen Morgen, dessen klare Luft den Kibo näher rücken
lässt. Frühstück 7.30 Uhr, Abmarsch 8.10 Uhr. Gemächlich,
aber nicht unangenehm langsam, laufen wir durch Busch- und Heideland unserem
Ziel entgegen. Schon bald ist von dem Rinnsaal, das uns am Zeltplatz mit
Wasser versorgte, nur noch das ausgetrocknete Bachbett übrig.
Die Nordflanke des Kilimandscharo-Massivs
kann zwar nicht mit spektakulären Landschaftseindrücken aufwarten,
ist aber trotzdem reizvoll. Peter Rotter bezeichnet die Rongai-Route in
seinem Standardwerk "Kilimanjaro - Tanzania" zwar als im Vergleich
zur Marangu-Route "eintöniger bezüglich Flora und Landschaft",
trotzdem sollte niemand diese Äußerung überbewerten und
aus diesem Grund auf den Nordanstieg verzichten. Schon der Umstand, dass
man hier praktisch allein unterwegs ist, kann rückblickend gar nicht
hoch genug bewertet werden, auch wenn einem dieser Anmarschweg die klassischen
Postkartenanblicke vorenthält. Hinzu kommt, dass der Erlebniswert
der Zeltübernachtungen hier nicht von der Geschäftigkeit eines
benachbarten Hüttendorfes in Mitleidenschaft gezogen wird. Schönheitskönigin
der Kibo-Anstiege dürfte freilich die wohl ebenfalls nicht übervölkerte
Machame-Route sein. Dort eröffnet sich dem Bergerfahrenen - je nach Angebot
des Veranstalters - zudem die Möglichkeit, den Gipfel über
die ernstzunehmend felsige, alpinistisch attraktive Western Breach-Variante
zu erreichen. Leider fanden wir bei unserer Planung kein Angebot, das
die Mount Kenia-Tour mit einer Kibo-Besteigung auf der Machame-Route kombinierte.
Gegen 12.30 Uhr legen wir
bei der 2. Höhle (ca. 3.450 m) eine ausgiebige Rast ein. Wieder einmal
hat es sich zugezogen. Das weniger freundliche Wetter dämpft den
Tatendrang und so lungern wir bis zum warmen Mittagessen mehr oder weniger
tatenlos in der Nähe der Höhle, bei der es sich, wie bei den
anderen Höhlen, um eine eingebrochene Gasblase in der erstarrten
Lava handelt, herum. Nach einer knappen Stunde geht es weiter zum Camp
bei der 3. Höhle, die wir um kurz vor halb vier erreichen. Wieder
gibt es Ärger mit dem Zelt.
Eine Wasserstelle ist weit
und breit nicht zu sehen. Da die Hauptwasserstelle versiegt ist, muss
das kostbare Nass nun mühsam herangeschafft werden. Auf Helmuts Frage,
ob es ein Wasser-Problem gebe, antwortet Goodluck, einer der Assistant
Guides: "Yes, but don't worry". Doch seine besorgte Miene spiegelt
auch meine Gedanken wider. Tatsächlich muss von nun an der gesamte
Wasservorrat bis zum Erreichen der Kibo-Hütte am übernächsten
Tag mitgeführt werden.
Am Abend klart es auf.
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