2. Tag
Samstag, 5. Oktober 2002
Nairobi - Kamweti Resthouse

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Die Bäume, die die um den Hotelparkplatz gezogene Mauer überragen, lassen keinen Zweifel: Um mich herum ist Afrika! Mit dieser beruhigenden Erkenntnis suche ich das Frühstücksbuffet auf, dessen Angebot es mir leicht macht, die zum Überleben bis zum Mittagessen benötigte Nahrung aufzunehmen. Es gibt allerlei Gebratenes, Eier, Obst, Säfte, Cornflakes, Toast. Das gewöhnliche kontinentale Marmeladenbrot gibt es ebenfalls, auch wenn man etwas danach suchen muss. Noch während des Frühstücks kassiert Wolfgang als "Trinkgeldkassenwart" von jedem den Trinkgeldanteil für die Mount Kenia - Mannschaft.

Um 10.00 Uhr werden wir abgeholt. Glücklicherweise ist das fehlende Gepäck von Gerd und Andrea noch rechtzeitig nachgeliefert worden. Da alles, was wir nicht benötigen, im Hotel zurückbleibt, geht es in dem Toyota Hiace und dem ähnlichen Nissan-Modell diesmal nicht so drangvoll eng zu. Die Fahrt führt nach Norden aus Nairobi heraus, durch armselige Wohnbezirke und solche, die nur noch als Slums bezeichnet werden können. Der Verkehr in Gegenrichtung ist chaotisch. Die jeweils zwei Fahrspuren in einer Richtung sind durch einen breiten, unbefestigten Mittelstreifen, der aus einer ausgeprägten Mulde besteht, getrennt. Stadteinwärts wird die Fahrbahnkante zum Mittelstreifen zwischen die Räder genommen und so eine dritte Fahrspur aufgemacht, wobei die Autos bisweilen eine abenteuerliche Schräglage einnehmen. Über allem liegt eine unbeschreiblich schlechte Luft. "Benzin wird hier überwiegend in Rauch umgesetzt" meint Helmut treffend, was vor allem auf viele Dieselfahrzeuge zutrifft, deren beim Gasgeben ausgestoßene Rußwolken an flüchtende Tintenfische erinnern.

Mit zunehmender Entfernung von Nairobi normalisiert sich die Lage. Meine Aufmerksamkeit gilt jetzt der ungewohnten Landschaft und der anscheinend typischen kenianischen Straßenrandbauweise: Einfache Steinhäuser in Schuhkartonform mit einem durchgehenden, etwas unterhalb der Dachkante angebrachten Vordach. Sämtliche Beschriftungen auf den Läden sind in Englisch, einladender wirken sie dadurch nicht. Immer wieder höre ich den Quittungston von Gerds Videokamera. Eine Filmaufnahme ist sicherlich die beste Möglichkeit, den Eindruck einzufangen, den man während der Fahrt hat. Um während gelegentlicher Stops zu fotografieren braucht man hingegen angesichts der vielen Menschen, deren Blicke sich einem sofort zuwenden, ein bisschen Sensationsreportermentalität, die mir fehlt.

Wir verlassen die Asphaltstraße und erreichen in einer zunehmend naturbelassenen Umgebung schließlich die Castle Lodge, eine einfache Unterkunft mit Restaurant, den Ausgangspunkt unserer heutigen Tagesetappe. Auf der Terrasse essen wir zu Mittag, es gibt Chili con Carne. Nach einem kurzen Ausflug zu einem wenige Gehminuten entfernten Wasserfall treffen wir erstmals die Begleitmannschaft. Das Gepäck wird auf die Träger verteilt, wobei keiner mit weniger als 20 kg davonkommen dürfte. Denn neben den Seesäcken der Teilnehmer, die 8 bis 10 kg wiegen, trägt jeder noch Gemeinschaftsausrüstung, beispielsweise also Kochgerät, Zelte oder Proviant.

Obwohl die Träger reichlich beladen sind, empfinde auch ich meinen eigenen Rucksack noch als ziemlich schwer. Irgendwie ist die Liste der Teile, von denen man meint, sie ständig dabei haben zu müssen, noch zu lang. Hinzu kommt, dass ich angesichts der zu erwarteten Nässe des Weges ein zweites Paar Bergschuhe eingepackt habe. Die wiegen sicherlich zwei Kilo, um die ich meinen Rucksack zu Lasten des Trägers erleichtern könnte, wenn der nicht schon durch das Gewicht dieser Schuhe am Limit angelangt wäre. Aber die Erwartung, den Gipfelanstieg mit trockenen Füßen absolvieren zu können, tröstet über das Mehrgewicht hinweg.

Durch lichten Wald führt der Weg meist auf einem kaum benutzten Forstweg in angenehmer Steigung aufwärts. Immer wieder gibt es interessante Pflanzen zu bewundern, die Tierwelt hingegen hält sich weitgehend verborgen.

Als wir gegen 16.30 Uhr unseren Lagerplatz bei den Grundmauern einer alten Forststation erreichen, sind die Zelte schon aufgebaut. Ich brauche also nur noch meine Isoliermatte aus dem Seesack zu holen und schon kann ich auf warmer Unterlage der nächsten Mahlzeit entgegendösen. Doch vorher, just in dem Augenblick, als der Schlaf nach mir greift, ertönt erst einmal der Ruf "It's Tea-Time", woraufhin wir uns zu Tee, Kaffee und Keksen zusammenfinden.

Das Abendessen widerlegt die Ankündigung einfacher, bisweilen eintöniger Mahlzeiten, wie sie in den Hauser-Informationen zu finden war. Die Mannschaft bemüht sich nach Kräften um unser leibliches Wohl. Wir sitzen an der Peripherie des Küchenzeltes auf dem Boden und lassen uns gebratenen Fisch, Gemüse, Kartoffelbrei und Obstsalat schmecken. Natürlich gibt es hinterher Tee. Dieser sorgt auch dafür, dass ich allnächtlich das Zelt verlassen darf, nicht nur, um den Sternenhimmel zu bewundern.

Nördlich von Nairobi Gepäckverteilung Die Castle Lodge
   
 
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