7. Tag
Donnerstag, 10. Oktober 2002
Mt. Kenia Nationalpark - Lake Elementaita Lodge

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In der Morgensonne des nächsten Tages sehen wir in der Ferne nochmals das Gipfelmassiv des Mt. Kenia. Heute wartet nur ein gemütlicher Abstieg zum Osteingang des Nationalparks, dem Chogoria Gate, auf uns. Dort sollen wir von Landrovern abgeholt und über eine mehr als zwanzig Kilometer lange Forststraße zurück in besiedeltes Gebiet gebracht werden. Am Parkeingang erfährt Helmut allerdings, dass die Regenfälle der letzten Tage auch auf dem Forstweg ihre Spuren hinterlassen haben. Schließlich steht fest, dass die Landrover nicht die ganze Strecke zum Parkeingang fahren konnten. Wir müssen ihnen ein unbestimmtes Stück entgegen gehen. Anfangs ist der Weg unauffällig, aber schon bald lassen ihn mächtige Schlammlöcher tatsächlich als unbefahrbar erscheinen. Nach etwa einer Stunde, die wieder überwiegend durch Bambuswald führt, treffen wir auf den Wagen, der es am weitesten geschafft hat. Wer will, kann hier sein Gepäck aufladen, aber anscheinend bin ich nicht der einzige, der fürchtet, sein Rucksack könne unterwegs samt Auto für immer im Schlamm versinken. So wirft am Ende nur Helmut, der Abgebrühte, mit leichtem Kopfschütteln seine Traglast auf die Ladefläche.

Es dauert nicht mehr lange, bis wir bei den restlichen Landrovern ankommen. Ich habe Glück und kann einen Platz neben dem Fahrer ergattern. Die folgende Fahrt rückt meine Vorstellung von befahrbaren Straßen gründlich zurecht. Mit bewundernswerter Routine manövriert unser Chauffeur den betagten Geländewägen durch tiefen Matsch und abgründige Pfützen, in denen man, wie es Helmut einmal formulierte, Kühlschränke versenken könnte. Die Schräglage der Autos ist bisweilen furchteinflößend, doch Wolfgang, selbst Besitzer eines Landrovers, weiß zu beruhigen: "Das ist halb so wild, nur der Aufbau neigt sich so stark, nicht aber das Fahrgestell." Das ändert nichts daran, dass ich trotz meiner bevorzugten Sitzposition kaum zum Fotografieren komme, weil ich mich die meiste Zeit mehr oder weniger krampfhaft festhalte. "Wolfgang, sag mal was beruhigendes" höre ich ein weibliches Mitglied der Gruppe an einer besonders heiklen Stelle sagen. "Wenn er kippt, dann kippt er ganz langsam" lautet die fachmännische Auskunft. Kaum zu glauben, aber er kippt nicht.

Bei dem Wagen vor uns reißt eine der auf den Hinterrädern montierten Schneeketten - oder sollte man hier besser von Schlammketten sprechen? - was uns eine Pause verschafft. Schließlich erreichen wir gegen Mittag einen Sportplatz, wo die bereits wartenden Toyota-Busse eine komfortable Weiterfahrt versprechen. Auf dieser Wiese ist für unsere Begleitmannschaft die Tour zu Ende und so erlebe ich zum ersten Mal in diesem Urlaub die Verabschiedungszeremonie. Führer, Köche und Träger stellen sich unter Beachtung der Hierarchie in einer langen Reihe auf und hören sich Helmuts Dankesrede an. Helmut hatte Alex, den Chef-Führer bereits darauf vorbereitet, dass es diesmal keine Verlosung von Ausrüstungsgegenständen geben würde, weil die Teilnehmer einfach nicht für zwei Verlosungen Sachen mitbringen konnten und so werden im Anschluss daran nur noch die eingesammelten Trinkgelder verteilt, die ich den Leuten von Herzen gönne. Zum Abschluss folgt eine ausgiebige Händeschüttelei, die vielleicht auch entbehrlich wäre. Aber was solls. Bisher hat alles prima geklappt und nur wer als notorischer Nörgler durchs Leben geht, wird etwas zu meckern haben. Ich jedenfalls bin zufrieden und freue mich auf die Weiterfahrt zur Lodge. Dabei werde ich ausgiebig Gelegenheit haben, diese Freude zu genießen, denn die Meru-Lodge, das früher von hier anvisierte Ziel, ist leider abgebrannt und so müssen wir uns mit etwa sechs Stunden Autofahrt, südlich am Massiv des Mount Kenia vorbei zum Lake Nakuru abfinden.

Die Autofahrt zieht sich dahin. Ich hänge meinen Gedanken nach, lasse das kenianische Hochland an mir vorüberziehen. Es ist allemal interessanter, als über die Autobahn vom Ruhrgebiet nach München zu fahren.

Bei den Thompson Falls gibt es einen Zwischenhalt. Ein beachtlicher Wasserfall, der ziemlich beeindruckend wäre, wenn er nach einem letzten Hieb mit der Machete überraschend im Urwald vor uns auftauchte. Leider mindern hier, wie woanders auch, zahlreiche Andenkenbuden den Erlebniswert. Zu allem Überfluss umzingeln die Souvenirverkäuferinnen die Aussichtsplattform und versuchen uns in ihre Läden zu locken. "First you see the falls, then you visit my shop!" Das ist ziemlich lästig und so bin ich schließlich froh, wieder im Auto zu sitzen.

Endlich kommen wir in der Abenddämmerung an der 'Lake Elementaita Lodge', unweit des Nakuru Nationalparks, an. Dienstbare Geister schaffen unser Gepäck in die Quartiere und schon bald rauscht die Dusche. Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich in so einer Lodge und staune über den an Luxus grenzenden Komfort, der einen hier umgibt. Der Gedanke, dass nur wenige auserwählte Einheimische in der Lage sein dürften, sich einen Aufenthalt in einem derartigen Quartier zu leisten, drängt sich unweigerlich auf. Dennoch: Nach den Tagen im Zelt ist es einfach schön, es sich mal wieder so richtig gut gehen zu lassen. Dummerweise war ich zu bequem gewesen, mir das Detailprogramm ganz genau anzusehen. Sonst wäre mir ja wohl aufgefallen, das ich erst am folgenden Abend wieder in Nairobi und bei meinem dort zurückgelassenen Gepäck sein würde. So laufe ich hier als einziger mit einer versifften Trekkinghose herum, was mich doch ziemlich stört.

Beim Abendessen kann man sich am reichhaltigen Buffet bedienen. Ich laufe mit meinem Teller suchend umher und versuche zu ergründen, was denn da in den verschiedenen Terrinen warmgehalten wird. Eine freundliche Angestellte fragt "Want some of our homemade blablabla?" (blablabla steht für ein Wort, das ich nicht verstehe), was ich bejahe. So bekomme ich eine Art Eintopf, der an eine Gulaschsuppe erinnert. Der Geschmack ist würzig, das Gefühl beim Kauen bisweilen ungewohnt. Wolfgang hat den Eintopf auch probiert und berichtet, dass es sich um Lamminnereien handelt. Muss man auch mal probiert haben denke ich und esse den Teller leer. Zum Abschluss nehme ich gebratenen Fisch.

Ein kalter Morgen Afrika wie im Bilderbuch Schlammfahrt nach Chogoria
 
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